Abfindungen

Besteuerung von Arbeitnehmerabfindungen/Entlassungsentschädigungen

(Siehe auch: Checkliste Arbeitnehmer-Abfindung)

Für den Erhalt von Arbeitnehmerabfindungen gibt es seit dem Jahr 2006 keine besonderen steuerlichen Freibeträge mehr. Es ist jedoch zu prüfen, ob die Tarifvergünstigung nach der sogenannten Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) zur Besteuerung außerordentlicher Einkünfte zur Anwendung kommt und eine steuermindernde Wirkung zeigt. Ist dies der Fall, kann durch weitere steueroptimierte Maßnahmen die Steuerbelastung deutlich gemindert werden.

Die Gewährung der Tarifvergünstigung hängt zum einen von bestimmten Bedingungen (z.B. Zusammenballung von Einkünften) ab und kann zum anderen durch eine geschickte Gestaltung optimiert werden. Im Gegenzug kann die Tarifvergünstigung völlig ins Leere gehen oder durch ungeschicktes Handeln – nach einem günstigen Lohnsteuerabzug – zu erheblichen Steuernachforderungen führen.

Hier ist steuerlicher Rat im Vorfeld unbedingt gefragt!

Negativ wirken sich alle Einkünfte aus, die nach Erhalt und Besteuerung der Abfindung nach der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) im Rahmen der Lohnabrechnung bezogen werden. Positiv wirken sich alle steuermindernden Aufwendungen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen) und negativen Einkünfte (Verluste) aus und führen per saldo zu einer niedrigeren Besteuerung der Abfindungszahlung.

Beispiel
Bei einer Abfindungszahlung im Februar und Anwendung der Fünftelmethode bei der Lohnabrechnung bleiben die Einkünfte der Monate März bis Dezember unberücksichtigt. Hierzu gehören auch die Progressionseinkünfte aus dem Arbeitslosengeld, Krankengeld oder sonstigen Lohnersatzleistungen. Die Folge: Steuernachforderungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung (Pflichtveranlagung). Im Extrem­fall kann die Steuernachzahlung durch den Progressionsvorbehalt des Arbeitslosengeldes die Höhe des erhaltenen Arbeitslosengeldes übersteigen! Dies kann durch geschicktes Handeln verhindert oder abgemildert werden.

Fallbeispiel
Der Arbeitnehmer A verliert zum 31.12.2015 seinen Arbeitsplatz und erhält hierfür im Jahr 2016 eine Abfindung i.H.v. 462.000 €. Er ist verheiratet und die Ehefrau erzielt keine eigenen Einkünfte:

  1. Steuerbelastung nach der Fünftelmethode: 152.405 €
  2. Der Arbeitnehmer erhält neben der Abfindung 12 x 2.300 € = 27.600 € Arbeitslosengeld I. Steuerbelastung nach der Fünftelmethode: 161.885 € = 9.480 € = 34 % des ALG I

Tipps/Handlungsmöglichkeiten zur Steuerminimierung:

  1. Verlagerung der Auszahlung und Besteuerung der Abfindung in das Jahr mit niedrigeren Einkünften. Beispiel: Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindungszahlung zum Jahresbeginn und nicht zum Jahresende.
  2. Verschiebung der Leistungen nach ALG I um ein Jahr wegen Urlaub, Existenzgründung oder Ähnlichem. Im Vorfeld sollte mit dem Arbeitsamt geklärt werden, ob hierdurch Ansprüche verlorengehen und/oder dies per saldo zu Mehreinnahmen führt. Arbeitnehmer haben hier ein sogenanntes Dispositionsrecht, das eine Verschiebung um maximal zwölf Monate ermöglicht.
  3. Optimierung der Besteuerung nach der Fünftelregelung durch Spendenzahlung im Rahmen des Höchstbetrags, soweit gewünscht oder soweit der Steuervorteil per saldo den Spendenaufwand übersteigt.
  4. Prüfung, inwieweit durch freiwillige Einzahlungen in die Rentenversicherung steuermindernde Vorsorgeaufwendungen geltend gemacht werden können, die die Steuerbelastung für die Abfindungszahlung mindern und den Rentenanspruch erhöhen. Höchstbetragsberechnung für Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 6 EStG. 50 % der vom Arbeitgeber geleisteten Rentenbeiträge wegen vorzeitigen Renteneintritts und der damit verbundenen Rentenkürzung sind gem. § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei (Arbeitgeberanteil). Der darüber hinaus vom Arbeitgeber übernommene Betrag stellt eine Entschädigungsleistung analog zur Einmalabfindung dar (§ 24 Nr. 1 EStG).
  5. Reduzierung der Einmalabfindung zugunsten von Zahlungen in bestehende betriebliche Altersversorgungsverträge wie Direktzusagen, Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen. Gegebenenfalls auch Neuabschluss eines Vertrags mit Einmalzahlung von bis zu 1.800 € je Jahr Betriebszugehörigkeit ab 2005 (§ 3 Nr. 63 Satz 4 EStG).
  6. Vorziehen/Verschieben von Ausgaben wie Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen in das Jahr der Abfindungszahlung, soweit steuermindernd wirksam. Beispiele: Aufwendungen für Arbeitsmittel, Aus- und Weiterbildungskosten, sonstige Werbungskosten, Spenden, Kosten für Zahnersatz, Brille etc.
  7. Kirchenaustritt/Erlassantrag. Der Kirchenaustritt muss vor dem Jahr der Abfindungszahlung erfolgen, um eine anteilige Berücksichtigung (Zwölftelung) zu vermeiden. Alternativ kann vor der Abfindungszahlung ein Erlassantrag beim zuständigen Kirchensteueramt gestellt werden.
  8. Verrechnung mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten wie vorgezogenen Werbungskosten für Reparaturen im Bereich der Vermietung und Verpachtung etc.
  9. Gründung einer Existenz mit Anfangsverlusten im Jahr der Abfindungszahlung oder Beteiligung an einem ähnlich sicheren Vorhaben.

Wichtig:
Die Auszahlung hoher Abfindungsbeträge auf ein Ehegattenkonto kann Schenkungsteuer auslösen oder unnützerweise Schenkungsteuerfreibeträge verbrauchen. Der Streit hierüber kann durch Auszahlung auf ein Konto, das nur auf den Begünstigten der Abfindung lautet, vermieden werden. Dass der andere Ehegatte eine Vollmacht für das Konto hat, ist nicht schädlich.

Siehe auch: Information zur Anwendung und Berechnung der Fünftelregelung